Michael Bierschenk – der Suchende

Ins Spiel vertieft (Foto Berndt)

Michael Bierschenk, Jahrgang 1958, lebte bis zum Abitur in Homberg/Efze. Schon als kleiner Junge spielte er auf dem Klavier des Vaters. Aber das war nicht sein Instrument. Er fand es in der Gitarre. Die beherrschte er bald so gut, dass er schon als 15jähriger Gitarrenunterricht gab. Er machte Zivildienst in Gießen (nach einer noch bis 1977 üblichen Gewissensprüfung vor einem Prüfungsausschuss).

 Anschließend begann er an der Uni Gießen ein Studium zum Sonderschullehrer, bevor er herausfand, dass Gitarrenlehrer ein Beruf ist und er nach Frankfurt zur Musikhochschule wechselte. Es folgten diverse Arbeitsverhältnisse als Gitarrenlehrer, aber auch Auftritte auf regionalen Kleinkunstbühnen. Ein in Biebertal wohnender Gitarrenschüler brachte ihn in Kontakt mit Biebertal, da er ihm sein Haus in Bieber vermietete. Hier wurde er auch in der „Musikfraktion“ der durch Helga Lopez (Biebertaler Bürgermeistern von 2000 bis 2005; SPD-Bundestagsabgeordnete 2005-2009) mit initiierten Biebertaler Kulturinitiative aktiv, welche auch  Veranstaltungen des Hessischen Kultursommers in die Gemeinde holte.

Das Haus sollte irgendwann verkauft werden. Mit väterlicher Hilfe erwarb Michael Bierschenk es und begann den Umbau. Es liegt oben an der Hauptstraße in Bieber. Das Haus war 1798 gebaut worden und ist seitenverkehrt identisch mit dem Haus aus Fellingshausen, das jetzt im Hessenpark steht. Am Hang abwärts zum Mühlenbach (für die Reehmühle) standen damals möglicherweise Ställe, später dann eine Garage. In diesem Gebäude befindet sich heute die Gitarrenschule, weitläufig, schön, mit Kamin und urgemütlich. Michael gibt hier seit Jahrzehnten von Montag bis Mittwoch Gitarrenunterricht für Schüler/innen aller Altersstufen.

Das urgemütliche Gitarrenstudio (Foto Renell)

Es entspricht Michaels Lebensphilosophie, dass er dem Broterwerb nur 3 von 7 Tagen widmet. Er ist neugierig. 4 Tage pro Woche nimmt er sich Zeit. Sein Leben sieht er wie einen Baum, der stets neue Äste bildet. Die ganzen Gewerke, die er sich aneignete als er über Jahre das Haus umbaute, bilden einen besonders dicken Ast. Die Themen Gesundheit, gesunde Ernährung und alternative Krebstherapien traten durch die Erkrankung einer nahen Freundin in sein Leben. Damit zusammenhängend lernte er Webseiten zu gestalten. Andere Äste erwuchsen aus der Malerei, natürlich immer wieder der Musik.

Vor dem Studio im Sommer (Foto M: Bierschenk)
Der Garten über dem Mühlenbach ist auch im Winter sehr schon (Foto Renell)

Die „Sehnsucht nach langen Tönen“ führte ihn über das Klarinettenspiel im Jahre 2000 und seitdem immer wieder nach Rumänien. Michael lernte Rumänisch. Eigentlich suchte er originale Musik, wie sie von Roma gespielt wird – die auch schon der Komponist Bela Bartok vor 150 Jahren in Rumänien gesammelt hat. Er strandete aber schon im ersten Jahr in der Region Maramures im Norden Rumäniens an der Grenze zu Ungarn. Hier handelt es sich um zwei Hochtäler der Karpaten in 7-800m Höhe. Die Menschen führen ein sehr traditionelles Leben, noch stark von der Landwirtschaft geprägt. Immer noch dominieren Sensen und Pferde das Bild. Das Einkommen liegt so niedrig, dass ohne staatliche Hilfe oft kein Leben möglich ist. Ein Lehrer bekommt 300€ pro Monat, ein/e Rentner/in 80€. Die Bewohner dieser Region spielen eine traditionelle Musik: Einer singt, einer trommelt, einer geigt und einer spielt die Zongora, eine Art Gitarre. Die Menschen sind sehr gastfreundlich. Michael hat viele Fotos von ihnen gemacht und sich dabei der Schwarzweiß-Fotografie zugewendet. Noch ein Ast. Die Ergebnisse kann man auf der Seite http://human-photography.de/ sehen.
Michael besucht bei seinen jährlichen Rumänienreisen auch immer einige Rroma-Siedlungen. Diese Menschen leben in extrem prekären Verhältnissen, wie man auf den Fotos der oben erwähnten Fotowebseite sehen kann und bei manchen Siedlungen es ist nicht ungefährlich, alleine dorthin zu gehen. Musik wie er sie sich erhofft hat, fand er nicht.  *)
Lieber Michael, welches ist der nächste Ast, der gerade aus deinem Baum sprießt?

*) Ursachen für die prekären Lebensverhältnisse der Rroma und Rromi (offizielle Schreibweise) in Rumänien: Es gibt sehr viele verschiedene Gruppen, die sich selber als Rumänen oder Ungarn oder Türken betrachten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden sie zwar nicht mehr verfolgt, aber ihre Sprachen verboten. Auch auf Grund ihrer früheren Wirtschaftsweise unterscheidet man sie z.B. in Kupferschmiede, Korbflechter, Tigani nomazi, Tigani matasca. Sie sind sich untereinander nicht einig und wehren sich nicht gemeinsam.  Die Regierungen seit 1989 setzten immer viel zu niedrige Zahlen für diesen Bevölkerungsteil an. Die für die Unterstützung vorgesehenen Mittel waren von vornherein zu niedrig; überdies verschwanden sie bei einer Korruptionsrate von 60% in ganz anderen Kanälen. Für weitere Informationen siehe auch Zentralrat.sintiundroma.-Antiziganismus


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert